Hamburg, 12.11.01
Tierärztliche Klinik für kleine Haustiere
Rahlstedter Straße 156
22143 Hamburg-Rahlstedt
Tel. 040/ 677 21 44
Fax 040/ 677 37 98

Herrn
Ronald B. Schill
-Innensenator-
Rathaus Hamburg

Betr.: Hundeverordnung und die Folgen in Hamburg

Sehr geehrter Herr Schill,

als Bürger dieser Stadt, als Tierarzt und Tierschützer wende ich mich an Sie mit der Bitte, meinem Anliegen Beachtung zu schenken.

Die Hamburger Hundeverordnung wurde in Hamburg von Herrn Runde installiert", um Hamburgs Bürgern nach dem Tod des Jungen in Wilhelmsburg zu demonstrieren, wie wichtig er und die Seinen es mit der Sicherheit der Bürger nehmen. Hunderte, wahrscheinlich mehr als tausend Hunde wurden inzwischen ihren Besitzern weggenommen, von Amtstierärzten eingeschläfert, hunderte Tiere verkommen in der Harburger Halle.

Ein völlig idiotischer Wesentest wurde von willfährigen Tierärzten entwickelt, um den Schein der wissenschaftlichen Auswahl der Tiere für Leben und Sterben dem Bürger vorzuführen.

Die Wahrheit hinter dieser von Runde et al. in Szene gesetzten scheinbar berechtigten Massnahmen ist, dass unfähige und korrupte Tierärzte in der Veterinärverwaltung der Hundeverordnung den Boden bereitet haben, um von ihren eigenen Versäumnissen (siehe Tod des Jungen in Wilhelmsburg) abzulenken. Bert Brecht wurde erneut Wahrheit : " denn die Speichellecker der Mächtigen sind stets die Berufsstände..." (Zitat)

Wahrheit ist, dass die praktizierte Hamburger Hundeverordnung einem Schauspiel gleicht, das wir alle kennen: auf der Rampe links raus- rechts raus..."

Die Wegnahme völlig harmloser Hunde von ihren Besitzern, deren Drangsalierung durch absurde Gebührenbescheide, die Auferlegung eines "Wesentestes" der wissenschaftlich völlig unhaltbar Pseudosicherheit schafft, die Verklappung" einer Unzahl von Tieren in der Harburger Halle, deren Tötung nach angeblicher Beurteilung durch selbsternannte " Fachleute" ist beispiellos in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Hamburger Amtstierärzte wurden zu Schergen der Behörde, die gnadenlos Hunde "einsammelt", weil sie so aussehen, als seien sie gefährlich. Die Amtstierärzte haben von Rassebestimmungen "keinen blassen Schimmer", ebenso wenig wie Kühe fliegen können.

Sie orientieren sich an pseudowissenschaftlichem Blödsinn, der den Nürnberger Rassegesetzen ähnlich ist. Sie handeln im Auftrag ihrer Arbeitgeber und stehen (?), standen unter politischem Druck. Mit dem Tierschutzgesetz, mit moralischen und ethischen Grundsätzen unserer Gesellschaft ist die Hamburger Hundeverordnung mit ihren Folgen nicht vereinbar.

Sie ist nicht vereinbar mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen in unserer Zeit. Hierfür verbürge ich mich.

Auch die Hamburger Tierärztekammer weiss es und brachte es in einem offenen Brief an Runde et al. im Oktober 2000 zum Ausdruck.

Nach diesen Erkenntnissen müssten etlichen Amtstierärzten die Approbationen entzogen werden, abgesehen von deren Entfernung aus dem öffentlichen Dienst. Der Hundekontrolldienst wütet weiter bis heute in Hamburg.

Ich bitte Sie, diesem unsäglichen und pervertierten Treiben sofort ein Ende zu setzen. Treiben Sie die Schergen aus ihren ämtern und ersetzen Sie sie mit moralisch integren Verwaltungsfachleuten.

Viele Menschen mit einer Nähe zu Tieren schauen auf Sie.

Hamburgs Sicherheit und Ansehen sollte nichts mit Unmoral und Rückfälligkeit in undemokratische Verhaltensweisen zu tun haben.

Der Hundekontrolldienst muss weg. Deren Angehörige können Sie bei der Polizei beschäftigen. Die Harbuger Halle muss als Endstation für diese Tiere aufgelöst und diese an ihre Besitzer zurückgegeben werden. Ich stimme dem Wunsch nach Sicherheit vor enthemmten Hunden durchaus zu, aber die ursprüngliche Gefahrenhundverordnung reicht hierfür völlig aus, sofern denn die Exekutive, sprich Veterinärverwaltung, funktioniert bzw. in Verantwortung genommen wird.

Mit freundlichen Grüßen und Hochachtung

Dirk Schrader
-Tierarzt-


Hamburg, 22.11.01
Tierärztliche Klinik für kleine Haustiere
Rahlstedter Straße 156
22143 Hamburg-Rahlstedt
Tel. 040/ 677 21 44
Fax 040/ 677 37 98
Tierklinik HH-Rahlstedt

Frau Dr. Barbara Schöning
Tierärztekammerpräsidentin
Ulmenstrasse 44
22299 Hamburg

Herrn
Dr. Peter Brehm
Landestierarzt
Krempenhege 1
22397 Hamburg

Sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege,

in der Morgenpost vom 21. November lese ich, dass Sie bezüglich der unsäglichen Hamburger Hundeverordnung keinerlei Verantwortung empfinden: „Die Tierärztekammer Hamburg hatte gar keine Möglichkeit auf die Gesetzgebung des Senats Einfluss zu nehmen“ und „als Beamter muss ich durchsetzen, was mein Dienstherr und der Gesetzgeber verlangt.

Ja, ich glaube Ihnen, Sie wähnen sich unbeteiligt und völlig unschuldig an einem infernalischen Verbrechen, welches sich durch Grün-Rot etabliert hat und sattsam durch Hamburg tobt.

Aber ich verrate Ihnen Folgendes:
Obwohl Sie genau wissen, dass die Hundeverordnung wissenschaftlich gesehen der allergrösste Mist ist, den sich Hysteriker und popularitätsgeile Politiker ausdenken konnten, dass sie sich mindestens zu 90 % gegen die Falschen richtet mit allen Konsequenzen der Zerstörung sozialer und ethischer Normen unserer Gesellschaft, tun sie nichts dagegen bzw. tun das, was ihr Dienstherr Ihnen befiehlt, sie setzen sie durch. Sie erinnern mich sehr stark an jene Menschen, die es vor 60 Jahren ganz offensichtlich in Massen gab: Diese taten nichts, schauten weg, wenn sich unsägliches Unrecht anbahnte und die allerschlimmsten Verbrechen geschahen bzw. sie taten das, was ihnen ihr Dienstherr befahl, ohne jegliche Skrupel. Sie erinnern mich auch an die vielen Wegseher und Diensttuer der Honecker-Miehlke Ära.

Ich frage mich, ob Sie tatsächlich so blind sind (oder so beschränkt in Ihrer Wahrnehmung), dass Sie die schleichende Faschisierung unserer Gesellschaft nicht erkennen: Die alten Denkstrukturen einer labilen und zur Gewalt gegen Schwächere neigenden Gesellschaft brechen wieder auf: Rassismus ist angesagt- nicht nur gegen Menschen sondern auch gegen Tiere. Der Blödsinn mit der rassetypischen Gefährlichkeit bestimmer ( ausländischer) Hunderassen geistert durch dumpfe deutsche Hirne, wobei eine gleichgeschaltete Presse sicherlich nicht unschuldig ist. Ich kann nicht glauben, dass Sie dumm oder wahrnehmungsgestört sind.

Menschen wie Sie sorgen durch Nichtstun bzw. jenen gefährlichen Gehorsam, den wir in unseren Geschichtsbüchern nachlesen können, für ein Klima, welches unerträglich zu nennen ist, welches die Lebensqualität vieler in furchtbarer Weise verändert. Sie sind nicht mutlos. Wenn es so wäre, hätte ich Mitleid mit Ihnen. Sie sind in einer ganz gemeinen Weise einfach nur feige und gehören nicht in die Position einer Tierärztekammerpräsidentin oder eines Landestierarztes. Sie, Frau Kollegin, schöpfen auch noch Gewinne aus einem verantwortungslosen Wesentest, Sie Herr Kollege verdienen Ihren Lebensunterhalt mit dem Gehorsam gegenüber verantwortungslosen Auftraggebern.

Glauben Sie etwa, dass die oben erwähnten Denkstrukturen in dumpfen Hirnen nicht wieder mehr auf Menschen übertragen werden können?

Die Berichte des Verfassungsschutzes, die Anzahl rassistischer Gewalttaten in Deutschland, der wachsende Glaube in unserer Gesellschaft an die Gewalt zur Lösung von Problemen, Sie selber mitten ´drin mit Ihrem „ich konnte ja nichts tun“ bzw. „ich musste ja gehorchen,“ lässt keine Zweifel übrig: Sie sind mitbeteiligt an der Auflösung bzw. an der Zerstörung einer humanen und gerechten Welt in unserem Land.

Sie können nicht erwarten, dass ich vor Ihnen auch nur die geringste Achtung empfinde. Legen Sie Ihre Ämter nieder und machen Sie sich von hinnen!

Dirk Schrader